Meer von allem.
Und der siebte Monat Jahr ist Geschichte, Sommer schreitet schnell voran. Auch in diesem Jahr war Juli ein eher ruhiger Monat. Ferienzeit, Urlaubszeit, Zeit für andere Bilder und Gedanken. Innenstadt und Elbufer sind voller, die Straßen und Wege auf dem Arbeitsweg zu den üblichen Zeiten leerer als sonst. Es ist heiß. Zu heiß zum Arbeiten, dann und wann. Zu heiß zum Wohnen. Also sucht man den Weg ins Freie, in das Öffentliche, in die Parks, ans Elbufer zu einer Zeit, zu der Urlauber und Touristen diesen Raum füllen. Irgendwie ist es auch schön, Menschen auf den Straßen und Plätzen zu beobachten. Die Stadt wirkt bunter und belebter auf diese Weise, für ein paar Wochen im Jahr. Aber die Grenze zur Überlastung ist immer fließend. Irgendwann braucht es einen Schritt heraus aus dem Treiben, braucht es Momente, in denen man Stille auf sich wirken läßt und fast schon körperlich wahrnimmt, wie das akustische und optische Rauschen langsam weniger werden, die Sinne sich wieder auf Dinge fokussieren können.
Dazu ein neues Bild, wie über Nacht nach Rückkehr aus dem Urlaub: e-Roller haben die Stadt in kürzester Zeit übernommen. Überall stehen und fahren grün-weiße, fragil wirkende Zweiräder. Manche Leute stehen unschlüssig um die Teile herum, mustern ihre Smartphones mehr oder weniger verschämt. Andere sind mit den Geräten auf Fuß- und Radwegen unterwegs wie selbstverständlich, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Eine richtige Meinung fehlt mir zu den Teilen noch. Vielleicht ist es angezeigt, den Winter und das nächste Jahr abzuwarten. Bei aller Offenheit für Verkehrswende und auch innerstädtisch neue Verkehrskonzepte scheinen diese Teile eher Spielzeug denn ernsthaftes Verkehrsmittel. Aber vielleicht bin ich zu pessimistisch, und momentan noch scheinen mir die Angebote etwa von sz-bike noch sinnvoller. Wir werden sehen… Auch, wie sich langfristig damit vielleicht das Dresdner Straßenbild verändert. Interessant ist indes einmal mehr: Außerhalb der großen Städte haben diese Dinge überhaupt keine Bedeutung. Wie weit komme ich auch mit irgendeiner Mobilitäts-Sharing-App in einer Region, die eine halbe Stunde außerhalb der Stadt liegt und in der nicht mal Mobilfunk für die App funktioniert…?
Sonne und Straße
Egal. Stichwort Straßenbild und Urlaubszeit. Dieses Jahr war es wieder einmal der Süden. Massa Lubrense, mit Blick auf den Vesuv, Neapel und den gleichnamigen Golf, eine wunderbare ruhige Siedlung außerhalb des Trubels, den die Touristenregion Sorrent und der Großstadtbereich Neapel darstellt. Das fünfte Mal in vierundzwanzig Jahren, zu oft für “gelegentlich, aber noch zu selten für “Tradition”… Manche Dinge haben sich verändert, im Laufe der Jahre, in manchen Aspekten wirkt die Region unglaublich konstant. Da sind immer noch die alten Fiat Pandas und Puntos von Anfang der 1990er, die damals wie heute, teilweise zerschrammt, teilweise offensichtlich nich wirklich gewaschen und in traurigem Zustand, immer noch klaglos ihren Dienst tun. Da sind die teilweise beängstigend schmalen Gassen, die in den Karten als “Straßen” ausgewiesen und von den Einheimischen auch genau so verwendet werden – merke: Von den Einheimischen. Für Touristen gibt es dann das Warnschild, man solle bitte sein Navi zu einer alternativen Route überreden, den glänzenden eigenen oder gemieteten Wagen umlenken und diese Strecke besser nicht nutzen. Für alle, die in die Richtung fahren wollen und dieses Schild sehen: Es ist sehr klug, diese Warnung ernst zu nehmen. Zu den Dingen, die sich rapide verändern, zählen sonst vornehmlich die immer weiter um sich greifende Erschließung durch Tourismus, die Optimierung vieler Prozesse hinsichtlich dieser Zielgruppe, und damit einhergehend etwa die Flotte an dunklen, klimatisierten Luxus-Kleinbussen, die Hotelgäste in den Morgenstunden an die Strände und in die Hafenbereiche der Penisola Sorrentina fährt und nachmittags ebendort wieder abholt, damit Verkehrslast auf den schmalen Straßen und den Autobahnen im Großraum merklich erhöht ebenso wie auch die Menge an Menschen, die man an vormals eher ruhigeren Fleckchen wie dem Hafen von Marina Lobra antrifft, vergrößert. Eine schwierige Realität, aus vielen Gründen.
Es gibt einige Dinge, die sich hartnäckig nicht ändern, und eines davon scheint weiterhin Armut in diesem Teil des Landes zu sein. Ein wenig Landwirtschaft und nachgelagerte Verarbeitung. Tourismus und Gastronomie im Umfeld. Und sonst nicht viel mehr. Man ertappt sich dabei, den Lebensstil zwischen Limonenbäumen und Olivenhainen zu bewundern und vielleicht über Gebühr romantisch zu verklären. Lektüre zum Thema, auch in Wikipedias Artikel zu “Süditalien”, bietet ein Bild der Region, das viele der bröckeligen Fassaden, rostigen Leitplanken und schlecht ausgebauten Straßen in anderem Licht erscheinen läßt – ebenso aber auch beispielsweise den Ausbau digitaler Infrastruktur, den Umstand,dass die italienische Telekom auf der bergigen, dünn zersiedelten Halbinsel von Sorrent Glasfaserverkabelung bis an die Häuser geführt hat und Mobilfunk mit mindestens UMTS-Qualität flächendeckend verfügbar ist. Das geht auch anders, wie man spätestens bei der Rückfahrt nach Deutschland sehr schnell und schmerzhaft merken darf. Gegensätze im Süden, in die man nur stückweise eintaucht, mit jedem Besuch ein Stück mehr.
Trotz allem bleibt festzuhalten: Die Region ist immer wieder schön. Es gibt abseits der Touristenzentren genügend ruhige, angenehme Flecken. Die Region hat zwischen Cuma, Pompei und Paestum jede Menge Kultur und Geschichte zu bieten, mit dem Ballungsraum um Neapel ebenso eine große, wachsende, ganz eigene Metropole, die Costiera Amalfitana ist ebenfalls sehenswert, und das Gebirge drumherum bietet selbst Wanderern reichlich Betätigungsfeld, wenn man sich darauf einlassen mag, bei feuchter Hitze größere Strecken zu Fuß zurückzulegen (was die Einheimischen eher weniger tun). Man kann auf den Vesuv laufen oder fahren, oder, wenn man die in den letzten Jahren etwas nervige Zufahrt scheut, auf den Monte Faito, der einen ebenso schönen Blick auf die Halbinsel und den Ballungsraum bietet, bedarfsweise auch aus den Kabinen der Seilbahn von Castelammare Di Stabia. Man kann sich in Vico Equense bewegen und das Museo Mineralogico bewundern, in dem dem Interessierten wahrscheinlich von dem extrem freundlichen Vorsteher auf italienisch ausführliche Erklärungen zu den Artefakten und Bedeutungen des Ortes gegeben werden (die man nach einer Weile in Fragmenten auch versteht, selbst wenn man der Sprache nicht besonders gut mächtig ist). Man sollte sich unbedingt irgendwo die Zeit nehmen, Sfogliatelle zu probieren, die kampanische Spezialität, die man vermutlich selbst nie herstellen will. Und wenn einem das alle zu viel wird, kann man sich immer noch mit Limoncello auf eine Terasse oder den Kirchplatz setzen und die Blicke über den Golf von Neapel im Sonnenuntergang streifen lassen. Manchmal ist Urlaub eben auch Ruhe.
Sommermedien
Musik gehört auch zum Sommer, wenig überraschend. Italien inspiriert musikalisch. Dark Wave, Gothic, Postpunk. Jener Teil der Playlist ist lang. Dort finden sich Namen wie Ash Code, Schonwald, Shad Shadows, The Spiritual Bat, Winter Severity Index oder im weiteren Sinne Echoberyl, die zwar in Paris leben, aber zumindest zu Teilen aus Italien stammen und deren Debüt “Apparition” mit seinem freundlichen, gut gemachten Cold Wave mich im Wesentlichen durch den Teil des Monats begleitet hat, in dem kein Urlaub war. Und natürlich Geometric Vision, die wie Ash Code aus der Region Neapel stammen und mir schon den Soundtrack für einige Sommer geliefert haben:
Kennenswert ist ansonsten noch der “Italian Gothic” – Sampler von Oskar Terramortis, auf dem sich einige hörenswerte Tracks finden. Und, wenn es etwas härter sein darf, auch alte Lacuna Coil. Damit kommt man recht gut durch die Wochen, egal ob mit Kopfhörern oder im Autoradio. Nebenerkenntnis: Entlang der Darkitalia – Radioshows bin ich wieder einmal auf die Idee verfallen, mich näher mit Mixcloud zu beschäftigen, um, nun, die Idee der 1990er-Mixtapes, die mir immer einen Heidenspaß gemacht hat, ins digitale Zeitalter zu transportieren. Ich werde über Fortschritte berichten…
Ansonsten, auch im Urlaub: Technologie. Angenehme Erkenntnis: Ich habe weniger dienstliche Dinge zu tun gehabt als in Urlauben manches Vorjahres. Damit blieb Technologie dort, wo Neugier, Interesse, Themen die Dinge getrieben haben. Das Tagebuch auf Android ist mir noch einmal auf die Füße gefallen. Mittlerweile kommt dort die simple wie leistungsfähige Diary-App aus F-Droid zum Einsatz, eine eigene NextCloud-Instanz und verschiedene WebDAV-Sync-Apps je nach Client. Markor ist als Editor nach wie vor genial, aber hierfür zu schwer, und das Konzept, Tagebuch in einem Markdown-File pro Monat zu schreiben, macht beizeiten keinen Spaß mehr. Iterative Verbesserung eines Prozesses, der insgesamt trotzdem noch relativ low-level ist. Eigentlich mag ich Tagebücher auf Papier ja auch ganz gern. Aber bislang konnte ich mich noch nie daran gewöhnen, Dinge dort festzuhalten und vor allem des Inhaltes, nicht des Gefühls des Schreibens wegen zu schreiben – die Dinge, die ich dort schreibe, fühlen sich bei späterer Lektüre gekünstelt und leer an. Dafür fehlt den technischen Lösungen die Haptik, die Flexibilität in der Gestaltung, sicher auch der leichte Zugriff. Es wird sich zeigen, wie lang der Prozess so bleibt – das Nervigste an dieser Stelle sind wechselnde Werkzeuge und Medienbrüche. Irgendwann sucht man nur noch und findet nichts mehr, kommt bei dem Versuch, etwas niederschreiben zu wollen, schon an der Stelle nicht mehr weiter, an der man nicht weiß, wohin man etwas niederschreiben möchte. Im Ergebnis verbrennt man die Zeit, die man dafür hätte, in Werkzeuge, verliert die Stunden und letztlich die Gedanken aus dem Blick. Ideen gehen verloren, und die Technologie wird wichtiger, als sie es als Werkzeug sein sollte.
Technische Volljährigkeit
Zu diesen Gedanken passt im Übrigen der folgende Flashback des Monats ganz gut. Fotos, Brasilien. Ich bin beim Sortieren über einige der Bilder meines Ausflugs nach São Paulo in 2000 gestolpert. Die verschiedenen persönlichen Details dieses Trips spielen keine Rolle mehr. Interessant ist die Perspektive der Technik, damals, heute. 2000, das ist 19 Jahre her. Etwas mehr als die Zeit, die ein Mensch bei uns von Geburt bis Volljährigkeit braucht. Für Leute “am Internet” haben diese Tage unendlich viel Veränderungen gebracht. Kommunikation lief, damals, vorrangig über E-Mail. Später kamen Dinge wie ICQ hinzu, die aber nie wirklich gut funktioniert, insbesondere für den erklärten Linux-Nutzer (das bin ich seit Mitte der 1990er) nie richtig Spaß gemacht haben. Das Analogon zum Versenden von Emoticons waren Grußkarten von Diensten wie Hallmark oder 123Greetings, von denen man Wert auf die “statischen” Bilder gelegt hat, nicht die mit Animation. Weil: Die mit Animationen brauchten Shockwave oder obskure Player, die auf Linux-Systemen nie richtig funktioniert haben. Und Internet-Zugang geschah noch über 56k-Modem. Sehr begrenzte Bandbreite. Minutentaktung. Online-Zeit war tatsächlich Zeit, die teuer war und auf das Nötigste begrenzt wurde, auch weil sie in direkter Konkurrenz mit dem Telefon stand – und der Internetzugang alle anderen Mitbewohner der häuslichen Gemenschaft von nicht internetbasierter elektronischer Kommunikation erfolgreich isoliert hat. Man macht sich nicht nur Freunde mit dieser Vorgehensweise. Versand von Fotos? Gern – Analog-Aufnahme, Entwicklung, Scan durch den Parallelport-Scanner. Herunterrechnen auf hinreichend miese Qualität, um in beherrschbarer Zeit durch die Mailboxes zu laufen. Kommunikation über Zeitzonen hinweg, auch mit User-Chats von irgendwelchen Software-Projekten wie GNOME? Klar. Pager wie Skyper, Benachrichtigung via Versand einer Mail dorthin, und dann: Rechner booten, Modem einwählen lassen, IRC oder ICQ starten, kommunizieren. Rudimentäres “Push” eben. Oder “Pull”: Wecker stellen, online gehen, hoffen, daß jemand da ist, der das nächtliche Aufstehen rechtfertigt. Hohe Telefonrechnungen, viel Müdigkeit, und alles, was eben damit verbunden ist.. Dinge im Web finden? Klar. AltaVista oder Yahoo! sind Deine Freunde. Viel findest Du nicht online, aber viel gibt es auch noch nicht zu finden, wenn Du nicht gerade an SoftwareLibre, den Websites der Universitäten und vereinzelten privaten Sammlungen von Merkwürdigkeiten interessiert bist, die sich bei Cloud-Diensten wie GeoCities tummeln.
Zusammengefasst: 2000, die Zeit vor 19 Jahren, war die Zeit vor DSL, vor Flatrates (zumindest für die Mehrzahl der Nutzer), vor Digitalkameras, vor Smartphones mit Kameras und Internetzugang, vor Messengern wie WhatsApp oder Signal, vor Audio- und Videokommunikation über Daten-Netz, vor mobilem Internet, vor großen Plattformen wie Twitter und Facebook, vor Google Chrome, vor Musik- und Video-Streaming, vor 9/11 und Online-Medien als relevantem Kanal, vor Push-Benachrichtigungen und Fake-News und Hate Speech. Irgendwann kam dann das iPhone, die Marketing-Welle, der finale Wandel des Apple-Portfolio von exzellenter Hardware für Spezialisten und Perfektionisten zu Lifestyle-Technologie. Später kam Android, eine scheinbar ewig andauernde Rechtsstreitigkeit zwischen Oracle und Google und belächelnde Kritiken der üblichen Communities, leider auch aus dem FLOSS-Umfeld: “Niemand braucht diese Technik. Niemand braucht mobiles langsames Internet. Niemand braucht Kommunikation auf einem Gerät, auf dem man kein alternatives Betriebssystem installieren, kein Terminal zur Verfügung hat, keinen emacs und keinen Compiler starten kann. Niemand braucht Netz mit einem Gerät, das nur einen kleinen Touch-Screen und keine Tastatur hat.” Echos dieser Meinungen hört man, dann und wann, immer noch.
Interessiert hat es wohl wenige: Mobiles Internet, Smartphones, Apps und dergleichen haben vermutlich ein Vielfaches der Menschen erreicht, die in 2000 überhaupt eine Ahnung hatte, was dieses “Internet” ist, oder das freiwillig privat verwenden wollte. Mobiles Internet ist stellenweise schneller als “Festnetz-Internet” und portabler verfügbar, ohne Modem, Drähte, Einwahl, Nachdenken. “Das Internet” von heute ist ein anderes “Internet” als Anfang der 2000er und in nahezu allen oben umrissenen Belangen endlos einfacher als damals. Es gibt andere Möglichkeiten, andere Herausforderungen, gänzlich andere Bedrohungsszenarien. Aber auch die Nutzer sind andere, agieren anders miteinander, publizieren anders, haben andere Erwartungshaltungen. Hier schließt sich der Kreis von oben: Beschäftigen mit Aufgaben, die sich mit Technologie lösen lassen, nicht mit den Werkzeugen selbst. Und Nutzen von Werkzeugen, die genau das erlauben – die es erlauben, Artikel zu schreiben, Fotos zu bearbeiten und zu teilen, zu kommunizieren, sich zu vernetzen, ohne sich über die zugrundeliegenden Tools allzu viele Gedanken machen, allzu viel seiner Zeit in deren Betrieb und Pflege investieren zu müssen. Diese Erwartungshaltung ist da, nicht nur bei digitalen Werkzeugen. Und sie wird bedient durch die Produkte von Apple, Google und Konsorten, die diese Gegebenheiten erkannt haben und bedienen. Viele Dinge wären einfacher, wären sich alle Beteiligten, wären sich Experten in Technologie, Netzpolitik, Datenschutz, … dieses Umstandes bewußt.
Was sonst noch wichtig war.
Stabile digitale Schieflage. Infrastrukturstörungen, die Zweite. Hakelige Internet-Provider, kein Einsehen, jede Menge Arbeit. Alte Hardware. Unbehandelte Komplexität Erkenntnisse entlang des Weges: Eine der Störungen früher im Jahr hat nicht nur einiges an temporärer, leicht reaktivierbarer Infrastruktur Schaden verursacht, sondern auch unseren internen puppet-Server weitestgehend außer Gefecht gesetzt. Interessant vor allem deswegen, weil diese Einsicht so spät kam. Automatisierung der Konfiguration von Server-Systemen ist eine gute Sache, aber eben auch eine, die in Betrieb und Pflege zumindest eine merkliche Vorinvestition im Sinne von Zeit benötigt, neben natürlich Disziplin, das im täglichen Betrieb auch zu leben, Änderungen an Systemen auf dem “richtigen” Wege vorzunehmen und nicht schnell wie eh und je mit dem vim an der Config-Datei. Ansonsten wird sie nicht konsequent verwendet, nicht kontinuierlich gepflegt, und früher oder später eigentlich irrelevant. Bis man tatsächlich ein kritisches System, das dort beschrieben ist, neu aufbauen möchte – und merkt, daß man auch den puppet-Server selbst nicht über puppet gebaut bekommt. Nun ja. Dokumentation hilft bzw. half. Einziger positiver Effekt all dieser Lästigkeiten: Wir bereiten Störungskompensation und Fallback-Szenarien zwangsläufig besser vor, spielen diese Dinge durch, beschäftigen uns damit. Das ist auch eine Errungenschaft. Ebenso der Umstand, daß wir mittlerweile Urlaubszeiten ganz gut und ohne großes Durcheinander überstehen. Wir haben punktuell mehr Redundanz, mehr auf Menschen verteiltes Wissen und augenscheinlich auch an einigen Stellen bessere Prozesse, so daß die Häufigkeit und Tragweite selbstgemachter Schwierigkeiten abnehmen. Es tut gut, sich für einen Augenblick dieser Tatsache bewußt zu werden.
Auch in diesem Monat wieder: Erneute erfolglose Meditation über Motivation, Ziele, Blockaden. Balance-Akt zwischen Luxus-Problemen und Unzufriedenheit auf hohem Niveau auf der einen, dem Wunsch nach sinnvollen Tätigkeiten insbesondere im Anblick großer Herausforderungen und allgemein viel zu wenig Kraft auf der anderen Seite. Nutzen von Talenten? Investition von Zeit in Sinnloses? Dinge sind schwierig. (Möglicherweise) wiederkehrende Arbeitsthese für den nächsten Monat: Unzufriedenheit entsteht dort, wo man weiß, daß man mehr tun könnte, als man tatsächlich tut, und daß man für das, was man tut, die größere Menge dessen, was man eigentlich weiß und kann, nicht benötigt, sondern viel rudimentärere Kenntnisse und Fähigkeiten völlig ausreichend wären. Fehlende Wirksamkeit entsteht in einer unschönen Mischung aus Aufgaben, die Konzentration und kontinuierliche Lösung erfordern würden, und solchen, die ad-hoc Ansprechbarkeit und Problemlösung benötigen. Unbehagen entsteht an sehr vielen Stellen entlang dieses Weges, aus schwieriger Kommunikation, widersprüchlichen Zielen bei Leuten, die eigentlich kooperieren sollten, kommunikativen und kulturellen Brüchen über Teams und Organisationen hinweg, und einer scheinbar nicht zu bewältigenden Herausforderung, dies einzufangen und mit allen Beteiligten zu bereinigen. Das klassische Bild: Tauziehen, am selben Tau, aber an möglicherweise verschiedenen Enden oder in verschiedene Richtungen.
Ferner: Ende des INF-Vertrages. Bestes mir mögliches Fazit: Ah f__k. Es ist schwierig, sich zurückzulehnen und in einem unbeherrschbar wirkenden Trubel Dinge zur Kenntnis zu nehmen, die man partout nicht ändern kann. Daß dieses Papier, mit Ankündigung, in dem Monat ausläuft, in dem sich die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki jähren, ist bittere Gehässigkeit der Geschichte – wie auch der größere Kontext des Jahres, in dem wir 30 Jahre Mauferfall feiern. Wie weiter? Time will tell. Verschiedene widersprechende Sichten im eigenen Kopf, die des Pessimisten, die des Optimisten, und die, die versucht, metaphorische Apfelbäume zu pflanzen angesichts unfassbarer Plan- und Sinnlosigkeit.
Darüber hinaus, finally, bleibt wenig festzuhalten. Ich habe seit Langem wieder einmal längere Mails geschrieben, was sehr angenehm war. Insbesondere die zweite Monatshälfte begleitet wieder eine lange Spur von nörgelig-halbfertigen Artikel-Entwürfen, die vermutlich in der entsprechenden Ablage versanden, bis ich mich irgendwann entschließe, sie wegzuwerfen. In manchen Fällen reicht das pure Niederschreiben, um ein gewisses Ärgernis zu relativieren, die Perspektive zu ordnen und Dinge in anderem Licht zu sehen. Manches wird kleiner und unwichtiger, mit dem Prozess des Schreibens, oder auch mit der Zeit. Daneben der Versuch, oder das Verlangen, oder die Neugier, mehr kurz zu schreiben, mehr anders zu fotografieren, mehr kleine Themen zu probieren, die nicht zwingend Ziele verfolgen oder Nutzen bringen müssen. Und der Versuch, einmal mehr, Input ohne Werkzeuge zu filtern, durch Fokus und (notfalls) Ignoranz. Erkenntnis: Es gab genug Themen, bei denen das eine scheinbar übermenschliche Aufgabe darstellt. Und ich zweifle daran, daß das nennenswert anders wird. Also auf in den nächsten Monat. Vielleicht schaffe ich es ja auch irgendwann, diesen Abriß kleiner zu bekommen und besser zu verteilen. Aber nicht für 07/2019. Danke bis hier. 🙂️