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Lost in transit.
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Zwischen Technokratie und Paternalismus.

In den letzten Wochen merke ich gehäuft: Ich bin in mehr verschiedenen Filterblasen, als mir gut tut. Das erschwert den Umgang mit gewissen politischen und gesellschaftlichen Strömungen dieser Tage erheblich. Einerseits bin ich seit ehedem begeistert von den Möglichkeiten, die Technologie für die Gesellschaft im Allgemeinen wie auch für einzelne Individuen zu eröffnen vermag; andererseits sehe ich auch spätestens seit meinen Uni-Tagen, seit Auseinandersetzungen mit den Arbeiten von Leuten wie Hans Moravec, Marshall McLuhan oder Vilém Flusser, daß Technologie mindestens das Risiko von Auswirkungen auf die Art und Weise hat, wie die Gesellschaft funktioniert, und daß es dort sinnvollerweise eine Balance herzustellen gilt, die Nutzen und Risiken halbwegs in Einklang bringt.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Technologie, das Internet rapide verändert. Mit Smartphones, Tablets, Diensten wie Facebook, Instagram oder Google sind Werkzeuge von nie gekannter Leistungsfähigkeit Menschen zugänglich gemacht worden, für die Computer Ende der 1990er bestenfalls ein Ärgernis aus dem Büro-Alltag waren. Während ich mich noch gut daran erinnere, bei einem großen deutschen E-Mail-Provider damals mehrere Tage auf einen Brief(!) mit meinem Passwort zu warten, um dann Mails versenden und empfangen zu können, braucht es heute nur Minuten und kaum großes Nachdenken, bis man via WhatsApp mit quasi jedem Menschen kommunizieren kann, den man kennt – Übertragung von Bildern und Videos ebenso eingeschlossen wie ein suchbares Archiv aller Nachrichten und kostenlose Nutzung dieses Dienstes.

Daß der Dienst am Ende des Tages nicht kostenlos ist, dürfte offensichtlich sein. Daß durch den Fokus auf wenige zentrale Dienste eine potentiell kritische Situation entstehen kann, sollte jeder zu sehen imstande sein, der zwei Minuten länger darüber nachdenkt. Ist das ein hinnehmbarer Preis für die Möglichkeit für faktisch jeden, mit niedrigstmöglicher Hürde Technologie für seine Zwecke nutzen zu können? Falls nein, was müsste sich ändern, um die Folgen zu kompensieren, aber trotzdem möglichst wenig der Vorteile zu verlieren?

Es ist gut und wichtig, das zu thematisieren; genau das gehört aus meiner Sicht zu dem oben umrissenen Balance-Akt, rangiert(e früher) unter dem schönen wie sperrigen Schlagwort Technikfolgenabschätzung und ist prinzipiell unterstützenswert. Aber es muß eben eine Balance geben. Und der Prozess des Findens dieser Balance scheint mir zunehmend gestört. Niemand scheint mehr willens zu sein, Kompromisse zu finden – der Diskurs scheint zunehmend ideologisiert mit teilweise bedenklichen und merkwürdigen Auswüchsen (wie etwa dem Umstand, daß man in Deutschland etwa schon seit langer Zeit als Fotograf besser keine Straßenfotografie praktizieren sollte. Das ist schade – weil es wichtige Standpunkte auf beiden Seiten entwertet, weil es viel zu viel Kraft verbrennt in sinnlosen Diskussionen zwischen Leuten, die eigentlich dasselbe wollen, sich aber in Nuancen, in Methodik und Vorgehen unterscheiden. Rückkehr zu Kommunikation, zu Vernunft, zu Abstimmung und Konsens statt verbalem Bashing wäre durchaus hilfreich und wohl im Sinne aller.

3. Juli 2018

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datenschutz , technologie , web