Cyber.Punk.
Einmal mehr hat er die Tür hinter sich ins Schloß fallen lassen nach einem weiteren Ausflug in die Welt abseits dieses Refugiums. Und einmal mehr sitzt er im Zwielicht, die Augen geschlossen, während seine Gedanken versuchen, wieder Form zu gewinnen, den Zustand permanenter innerer Flucht zu verlassen, wieder den Moment zu akzeptieren, der ihn umgibt. Was geschieht um ihn herum? In manchen Momenten wie diesem scheint es ihm, als ob sich alles, das ist, schleichend und doch zielstrebig auflöst, zu Nichts wird – ersetzt durch bunte Fassaden, unscharfe Worte, schillernde Oberflächlichkeiten ohne Zweck, Sinn, Bedeutung. Er ist durch die Häuserzeilen geschlichen, unten in der Stadt, ist mit Bussen und Bahnen an den für immer hölzernen, halbhohen, weißen Gartenzäunen der Vororte entlanggefahren, hat Kinder an dreckigen Haltestellen Stunde um Stunde ihres Lebens mit miesen Drogen verschwenden gesehen und erlebt, wie sich Veränderung den Weg bahnt, voranschreitend mit beeindruckender Konsequenz. Was kommt danach? Was kommt, was bleibt, wenn alles Sein durch Schein ersetzt worden ist und lang keiner mehr nach dem “Warum” oder “Wofür” fragt?
Damals war die Zukunft noch groß und beeindruckend, das Leben im Science Fiction, im, nun, Futuristischen, wo sich das Establishment im kalten Flackern des Neonlichtes sonnt und die Straße, die Schluchten zwischen dem Stahlbeton der Wolkenkratzer, reichlich Raum für Querdenker, Outlaws und Individualisten bietet. So gesehen bleibt die Gegenwart gewordene Zukunft hinter den Erwartungen zurück. Kein Neon für die Kinder der Stadt, keine hochgerüsteten Modifikationen japanischer Spiele-Konsolen, mit denen gelangweilte “Cyber-Jockeys” durch die bunten Strukturen in der Matrix hüpfen, während in der realen Welt das Wasser des allgegenwärtigen Regens auf das Dach ihres Blechverhaus irgendwo in einem mit Gerümpel und Zivilisationsmüll getarnten Hinterhof tropft.
Stattdessen eine eigene, andere Form der Ästhetik: Nicht kalt, nicht heiß, nicht anziehend, nicht abstoßend, sondern glatt und poliert und unverbindlich. Gemacht nicht, um vielen zu gefallen, sondern un von vielen akzeptiert zu werden, bestenfalls leichte Aversionen zu erzeugen, aber nie genug, als daß diese in ernstlichem Widerspruch, in Kritik und Abkehr münden könnten. Ecken und Kanten schaden dort nur, genau wie zuviel Substanz, die den Prozeß des Konsums anstrengend und ermüdend machen würden. Je leichter verdaulich, desto besser. Der Monitor vor ihm flimmert, während seine Hände leichthin Impulse generieren, Nachrichten fliegen lassen durch die endlose Weite des virtuellen Raumes, in dem sich so viel Nichts tummelt. Zufluchtsorte suchen. Inseln im Datenstrom. Jene Punkte, an denen Inhalt noch Optik dominiert. Ganz gleich, wie wenige es auch sein mögen…